Unter Juden sind zwei Vornamen, bei Kesten Hermann und Chajem oder Chaim, üblich. Der eine ist dem Sprachraum entnommen oder angepasst, in dem die Familie lebt, der zweite ist hebräisch und zumeist biblischer Herkunft. Auch wenn Kesten in den Ämtern der Stadt Nürnberg bis zu seinem Weggang nach Berlin immer unter seinem hebräischen Vornamen geführt wurde, hat er sich an diesen Vornamen nie gewöhnt.

Seine Unterschrift auf seinem Heiratsdokument zeigt dies deutlich. Vor einem mit breitem Federstrich selbstsicher hingesetzten „Hermann Kesten“ findet sich ein nachträglich – offensichtlich erst auf Aufforderung – in die vorhandene enge Lücke hineingekritzeltes Chaim. Im Zuge seiner Einbürgerung Anfang der dreißiger Jahre in Berlin durfte und konnte er den schon damals für einen Deutschen als diskriminierend geltenden Vornamen als eine „unvertretbare Auffälligkeit“ offiziell ablegen.