Wider Erwarten waren die USA für Flüchtlinge nicht das bevorzugte Exilland. Das hatte gute Gründe: Die amerikanische Flüchtlingspolitik war durch ein strenges Quotensystem definiert, das auch nach 1939 nicht gelockert wurde. Gefürchtet war bei den Emigranten auch das Affidavit, d.i. der Nachweis, dass sie in den USA keine staatliche finanzielle Unterstützung benötigten. Das hieß im Klartext: Emigranten, die entweder ihre Vermögenslage nicht zur Zufriedenheit der Einwanderungsbehörden klären, oder aber niemanden benennen konnten, der oder die für sie bürgte, wurden entweder nicht ins Land gelassen, oder landeten falls sie schon im Land waren – in Internierungslagern.

„Vor allem Juden wurde die Immigration erschwert, Antisemitismus und Rassismus waren auch in den USA an der Tagesordnung. Ab dem Jahr 1940 führte der Antikommunismus innerhalb der amerikanischen Administration, der europäische Juden und Kommunisten in einen Topf warf, zu einer drastischen Begrenzung der Visaerteilung durch die amerikanischen Botschaften.“

Hans- Albert Walter: Deutsche Exilliteratur 1933-1950, Bd. 2, S. 442f

Von amerikanischen Autoren und Intellektuellen wurde das Emergency Rescue Committee gegründet, mit dem Ziel, auf jedem nur denkbaren Weg die deutschsprachigen Autoren aus Europa herauszubekommen. Hermann Kesten, delegiert und unterstützt von der Familie Mann, übernahm die Hauptarbeit des Rettungskomitees. Beistand bekam die ehrenamtliche Organisation von Eleanor Roosevelt, der Gattin des Präsidenten. Dank ihrer Intervention wurden die benötigten Visa, so genannte Notvisa, ausgestellt.

Ein junger amerikanischer Autor namens Varian Fry reiste persönlich nach Marseille, um vor Ort die Ausreise zu organisieren. Unter widrigsten Umständen gelang es ihm, bis zum Jahr 1942 fast 2.000 Menschen in Sicherheit zu bringen.