Kesten hat ein untrügliches Gespür für gute Literatur – und sammelt bereits 1929 als Herausgeber alles, was heute noch in der Literatur Rang und Namen hat. In der Anthologie 24 neue deutsche Erzähler veröffentlicht er Texte von Anna Seghers, Ödon von Horvath, Joseph Roth, Ernst Toller, Ludwig Renn, Marielouise Fleißer.
Die junge Generation der Erzähler ist geeint und gezeichnet durch das Trauma des Krieges. Sie ist desillusioniert, skeptisch, kritisch gegenüber allem Althergebrachten. Kesten im Vorwort:

„[…] junge Leute, die noch den Schauder eines sogenannten Weltkrieges in den Sinnen, im Herzen, im Kopfe tragen wie Greise einen Rheumatismus in den Gelenken […].“

Hermann Kesten (Hg.): 24 neue deutsche Erzähler, S. 9

Diese jungen Schreiber und Schreiberinnen haben sich abgekehrt vom Expressionismus, von dessen Pathos, sie schreiben kühl, distanziert, zum Teil satirisch – und werden in die Schublade „Neue Sachlichkeit“ eingeordnet, auch wenn sich die wenigsten von ihnen explizit zu der neuen Stilbezeichnung bekennen.

Die meisten der „24 neuen deutschen Erzähler“ müssen emigrieren, ihre Bücher werden verbrannt. Die Anthologie erscheint 50 Jahre nach der Bücherverbrennung der Faschisten, im Jahr 1983, in einem unveränderten Nachdruck im Verlag Gustav Kiepenheuer, Ostberlin.
Auch als Kenner der französischen Literatur gibt Kesten 1930 zusammen mit Felix Bertaux den Band Neue Französische Erzähler heraus.