Das Familienglück und die behütete Kindheit und Jugend enden mit dem Ersten Weltkrieg. Auf einer Reise wird Kesten mit seinem ersten großen Krieg konfrontiert,

„als ich meinen Vater (…) vor einem Anschlag auf einer Hausmauer blaß werden sah. Was hast du, fragte ihn meine Mutter. Der Krieg, antwortete er, die Kriegserklärung!“

Hermann Kesten: Ein Optimist, S. 10

Zwei Jahre später, 1916, wird Isaak Kesten als Staatsbürger der K. & K.-Monarchie zum Kriegsdienst eingezogen. 1918 stirbt er in einem Kriegslazarett infolge einer Sepsis. Für den 18jährigen Sohn wird der Tod des Vaters zum Trauma:

„Acht Tage lang war meine Mutter bei meinem sterbenden Vater, […] und mein Vater hatte alles vergessen, seine Kinder, sein Geld […] und den Eierhandel, den der Krieg zum größten Teil unterbunden hatte…“

Hermann Kesten: Der Freund im Schrank, S. 34

„Als ich es hörte, graute mir […] Ich schrie vor Schmerz. Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand (nicht zu fest): Ich träumte jahrelang von meinem toten Vater.“

Hermann Kesten: Ein Optimist, S.11

Kesten gehört nun wie so viele andere zur vaterlosen Kriegsgeneration, traumatisiert, skeptisch, desillusioniert. Ida Kesten ist nun Kriegswitwe und muss die drei Kinder allein durchbringen.

„Gehungert haben wir nach dem vorigen Krieg auch. In der Inflationszeit verlor meine Mutter, eine naive Kriegerwitwe, die an ihren Kriegsanleihen festhielt, den letzten Pfennig, wie so viele Witwen und Waisen.“

Hermann Kesten: Der Geist der Unruhe, S. 113

Ab dem Jahr 1921 betreibt Ida Kesten in der Breiten Gasse 66 einen Trödelhandel mit Platin und Fellen. Immerhin kann sie ihrem Sohn ein Studium finanzieren.