Martin Tucher, ein erfolgreicher, lebenserfahrener und geschätzter Kaufmann und Gutsherr in Franken, übergibt aus freiem Entschluss mit 61 Jahren sein Hab und Gut an seine Kinder. Er will das Leben als „glücklicher“ Tucher genießen, auf Macht und Geld verzichten. Schnell zeichnet sich ab, dass die gemeinsam wirtschaftenden Erben das Lebenswerk ihres Vaters zugrunde richten werden. Um den Niedergang des gesamten Tucher-Imperiums zu stoppen, maßt sich der alte Tucher an, sein Erbe erneut zu verteilen. Jeder Erbe soll einen lebensfähigen Unternehmensbereich in eigener Verantwortung führen. Die Kinder verweigern sich dem Vater. Versuche der Aussöhnung scheitern kläglich, jeder bekämpft jeden. Die Tuchers ruinieren sich kommerziell, sittlich und physisch.
Parallel, aber auch eingebunden in den Niedergang der Tuchers, ist die Familientragödie der Pfarrersfamilie Hepp. Der Dorfpfarrer Hepp hat sich den Kommunisten angeschlossen, um die soziale Ungerechtigkeit auf Erden abzuschaffen. Wortgewaltig stachelt er die Bauern zum blutigen Klassenkampf gegen ihre Herren an. Weder der alte Tucher noch die beiden Pfarrerssöhne, selbst Mitglieder einer Glaubenssekte, können den radikalen Prediger zur Abkehr von der militanten Agitation zwingen. Am Ende ermorden die Söhne den Vater.

Kesten hat den Roman Der Gerechte noch in Berlin 1932, Anfang 1933 begonnen. In Berlin sind blutige Straßenkämpfe zwischen Kommunisten und Nazis an der Tagesordnung, mit Toten und Verletzten. Der verbitterte Kampf der politischen und ideologischen Weltanschauungen geht auch durch die Familien. Eltern sind Sozialdemokraten und Kommunisten, Jugendliche bei den Nazis wie auch umgekehrt. Für Kesten ist die unversöhnliche Verfeindung innerhalb der Familie ein Indiz für den Zustand der Gesellschaft. In den beiden Familientragödien zeichnet sich für ihn die Auflösung zivilisierter Gesellschaftsformen ab.

Anders als die bisherigen Romane Josef sucht die FreiheitEin ausschweifender MenschGlückliche Menschen und Der Scharlatan spielt dieser Roman nicht in der Stadt, sondern ausschließlich auf dem Land, in Franken. Die Personen sprechen gelegenlich in einer biblischen Sprache. Eindringlich beschreibt der Roman die fränkische Landschaft, ihre Blumen und Früchte, Speisen, dörfliche Sitten und Bräuche. Die Geschichten und Figuren sind ernst und tragisch. Es fehlt, wie sonst bei Kesten üblich, jegliche Ironie und Parodie. Joseph Roth schreibt über den Roman:

„Hermann Kesten, wie wir alle einer der ‚Exilierten‘, hat seine fränkische Heimat mit sich genommen. Das Vaterland, das ihn verbannt hat, hat sich seiner beraubt; nicht er ist der Heimat beraubt worden.“

Hermann Kesten. Ein Buch der Freunde, S. 18