Mai 1945: Deutschland kapitulierte bedingungslos. Die vier Alliierten übernahmen das Ruder in Deutschland, teilten das Land in Zonen. Die Westmächte wollten schon bald den Wiederaufbau und die Umerziehung der Deutschen zu Demokraten. Die Sowjetunion etablierte in ihrem Herrschaftsgebiet den Sozialismus.
Der Kontinent lag in Trümmern – eine unvorstellbare Zahl von Menschen war tot, verreckt, verbrannt, verhungert, vergast, erschossen, erschlagen, zu Tode gequält. Abertausende waren noch immer auf der Flucht durch das Chaos.
Die ersten Emigranten, so Klaus Mann und Alfred Döblin, kehrten im Dienst der alliierten Streitkräfte zurück nach Europa. Das kam für Kesten nicht Frage:

„Deutschland wiederzusehen reizt mich, und mir graut vor den membra dispersa Germaniae. Abgesehn von Empfindungen und Missgefühlen ist es aber als Privatmann noch unmöglich, Deutschland zu besuchen, – und ich war und bin noch ein unerbitterlicher Privatmann geblieben, und würde nicht einmal zum Schein, nicht mal zum Spiel und Spott eine Uniform anziehn, weder eine deutsche noch eine amerikanische.“

Hermann Kesten: Deutsche Literatur im Exil, S. 227

Über sein Leben im Exil berichtete Kesten:

„Ich habe in diesen dreizehn Jahren den Tod vieler meiner besten Freunde erfahren müssen, wie Ernst Toller, Joseph Roth, René Schickele, Stefan Zweig, Ernst Weiß, Walter Benjamin, Werner Hegemann, Valeriu Marcu, Walter Hasenclever, Walter Landauer (der mein Verleger war und den die Nazis in Bergen-Belsen haben verhungern lassen, obwohl er als ein sogenannter ‚wirtschaftswichtiger Jud‘ in einem Vorzugslager war).
Ich habe seit Beginn der Nazi-Herrschaft gewußt, daß sie den neuen Weltkrieg bedeutet, ich habe es anfangs 1934 ausgesprochen in Vorträgen an den skandinavischen Universitäten zu Oslo, Kopenhagen, Stockholm. Es war grauenvoll, Deutschland geistig und moralisch verkommen zu sehen, grauenvoll den Untergang jenes Deutschland, das wir liebten, jenes Europa, das wir liebten, kommen zu sehn, den Krieg zu durchleben war grauenvoll […]. Für jeden anständigen Menschen muß das Dritte Reich eine Hölle gewesen sein. Auch das Exil war eine Art Hölle […]“ .

Hermann Kesten:Deutsche Literatur im Exil, S. 215