„Mein lieber Lindner, zu meiner Freude vernahm ich, dass Sie von L.B. Fischer einen Scheck für den Umschlag der Zwillinge von Nürnberg bekommen haben. So werden Sie also nicht mit allzu großer Bitterkeit an die für mein Buch getane Arbeit zurückdenken […]“

Hermann Kesten: Brief an Richard Lindner, 13.02.1946, Monacensia

Richard Lindner (1901-1978) war ein Altersgenosse Kestens. 1901 in Hamburg geboren, war er wie Hermann Kesten in Nürnberg aufgewachsen und hatte Deutschland wie dieser, wenige Tage vor Hitlers Machtergreifung Richtung Frankreich verlassen.
In Paris arbeitete er als Graphiker, begann zu malen und suchte den Kontakt zu französischen Künstlern. 1939, bei Ausbruch des Krieges, wurde er von der französischen Regierung für fünf Monate interniert, erst 1941 gelang ihm die Flucht in die USA.
Er ließ sich in New York nieder und verließ die Stadt nie mehr. Sein künstlerischer Rang als Maler wurde erst spät erkannt. Seit dem Ende der sechziger Jahre galt er – in den USA und auch in Europa – als eine bedeutende Persönlichkeit der zeitgenössischen Malerei und ist einer der geistigen Väter der Pop-Art.

Kesten plädiert für Richard Lindner

Nürnberg verkennt seine Künstler

„Lindner ist zwar in Hamburg geboren, kam aber schon im ersten Lebensjahr nach Nürnberg, ging hier zur Schule, besuchte die Kunstschule Nürnberg und verbrachte hier fast sein halbes Leben. mehr…

„Lindner ist zwar in Hamburg geboren, kam aber schon im ersten Lebensjahr nach Nürnberg, ging hier zur Schule, besuchte die Kunstschule Nürnberg und verbrachte hier fast sein halbes Leben.

Seine Bilder und Illustrationen sind voll Nürnberger Themen. So er, um nur ein Beispiel zu geben, die Umschlagszeichnung meines Romans ‚Die Zwillinge von Nürnberg‘ für die amerikanische Ausgabe entworfen, mit einer Darstellung der Stadt Nürnberg. Lindner, der wie viele Deutsche 1933 von der deutschen Regierung geächtet und ausgetrieben wurde, ging 1933 nach Paris, 1940 nach New York, wo er noch heute lebt, Professor an der besten New Yorker Kunsthochschule und Visiting Professor an der Yale Universität war, einer der angesehensten amerikanischen Illustratoren, den kürzlich die New York Times anläßlich einer Washingtoner Ausstellung der besten lebenden amerikanischen Maler gefeiert hat. In Nürnberg ist Richard Lindner, der noch heute nürnbergerisch spricht, der ein geradezu typischer Nürnberger Künstler ist, sogar dem Namen nach unbekannt, er hat noch keinen Nürnberger Kulturpreis erhalten, obgleich seine Bilder in den besten amerikanischen Museen hängen, obgleich er in Paris und London, ja sogar in Hamburg berühmt ist.

Zwanzig Jahre danach. Zweite Nürnberger Rede (gehalten im Rahmen der fränkischen Kulturtage 1965). In: Hermann Kesten. Mit Menschen leben. Hg. und mit einem Vorwort versehen von Wolfgang Buhl , Cadolzburg (ars vivendi) 1999, S. 142
 Lindner gestalte das Cover für die Zwillinge von Nürnberg und war eng mit dem Ehepaar Kesten befreundet. Hermann Kesten forderte 1965 die Stadt Nürnberg vergeblich auf, Lindner mit dem Nürnberger Kulturpreis zu ehren. Erst zehn Jahre später fand die erste große Ausstellung mit Bildern und Zeichnungen Richard Lindners in seiner Heimatstadt statt.