Thilo Koch, Kestens Weggefährte aus dieser Zeit, berichtet:
„Unser guter alter P.E.N […] wandelte sich dramatisch, während wir beide an der Spitze […] zu tun versuchten, was wir für vernünftig hielten.
Die Nachbeben der 68er Studentenrevolte erschütterten auch unseren Club. Heinrich Bölls Präsidentschaft 1970 – 72 war gekennzeichnet durch Bölls Absicht, den westdeutschen P.E.N. zu verjüngen und zu aktivieren. Böll war ganz gewiss kein Sympathisant des stalinistischen Meinungsterrors, sei es in Deutschland oder
in der Sowjetunion selbst. […]. Andrerseits ging Böll sehr weit in seinem Verständnis für linksradikale Systemveränderer, sogar bis hin zu einer Ulrike Meinhof. Als Generalsekretär […] fiel mir die Aufgabe zu, Heinrich Bölls neuen Kurs in die Praxis umzusetzen. Ich stimmte mit dem Präsidenten darin überein, dass wir in der öffentlichen Debatte jener Zeit eine vernehmbare und beachtete Stimme werden sollten. Der bundesdeutsche P.E.N. war nach der politischen Teilung des deutschen P.E.N. 1951 ein zu sehr mit sich selbst beschäftigter Club von Schriftstellern mittleren und höheren Alters geworden. Wir wollten also jüngere und aktive Mitglieder hinzuwählen, und Heinrich Böll fürchtete sich dabei nicht vor linken Extremisten, selbst wenn sie eingeschriebene Mitglieder der Kommunistischen Partei waren. […] Das war unser Problem […]: Extremisten und deren Sympathisanten versuchten, unser Zentrum in ihrem Sinne umzufunktionieren. Unsere bürgerlich-liberal orientierten Mitglieder schauten
zu, erschienen kaum bei unseren Veranstaltungen oder verließen sogar den P.E.N. […]. Wir haben gemeinsam versucht, als Präsident und Generalsekretär, in den turbulenten Jahren 1972 -76 eine Art Machtergreifung jener Neuen Linken in unserem Club zu verhindern. Sie wollten eine andere Bundesrepublik und folgerichtig auch einen anderen P.E.N.“